„Influencer Relations“: Warum klassische PR-Arbeit oft nicht mehr ausreicht
In Zeiten des „Information Overflow“ muss Kommunikation im Allgemeinen und Werbung im Speziellen anders sein, um überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Als viel versprechender Ansatz in diesem Zusammenhang hat sich in den letzten Jahren das so genannte Content Marketing zu einem echten Hype entwickelt: Aufgabe des Content Marketing ist es, die Zielgruppe nicht mit reinen Werbebotschaften zu erreichen, sondern mit für sie interessanten Inhalten.
Eine eng mit Content Marketing verwandte Kommunikationsdisziplin ist das „Influencer Marketing“ oder allgemeiner: „Influencer Relations“. Im Grunde handelt es sich dabei um nichts anderes als die Zusammenarbeit mit einflussreichen und besonders reichweitenstarken Nutzern von Social-Media-Kanälen, sprich: Bloggern, Youtubern, Instagrammern etc. „Influencer Relations“ sind also die Weiterentwicklung der klassischen Medienarbeit im Sinne einer Erweiterung der Medienarbeit in Richtung der neuen Meinungsmacher im Netz.
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Viele Unternehmen haben diese Influencer – neben Redaktionen und Journalisten – als wichtig für die eigene Kommunikation identifiziert und treten mit ihnen in Kontakt, versorgen sie mit Informationen und ermöglichen ihnen die Erstellung von Inhalten für die eigenen Kanäle. Das Ziel ist klar: Die einflussreichen Social-Media-Nutzer sollen über das Unternehmen, seine Produkte und Services berichten und somit Aufmerksameit für das Unternehmen schaffen.
Bezeichnet werden die auf diese Weise erstellten Inhalte gern als „Earned Media“. Laut Wikipedia handelt es sich dabei um „alle Inhalte, die vor allem über unabhängige redaktionelle Medienkanäle und von Konsumenten ohne direkten Auftrag des Unternehmens erstellt und verbreitet werden“. Damit „unabhängige redaktionelle Medien und Verbraucher aus eigenem Antrieb Inhalte für ein Unternehmen produzieren und verbreiten, muss sich das Unternehmen durch wahrheitsgetreue PR-Arbeit und langfristige Kundenpflege darauf aufbauendes Empfehlungsmarketing ‚verdienen‘.“
Das Problem von Content Marketing, speziell von „Influencer Relations“ und „Earned Media“: Wo sich Trends durchsetzen, kommt es schnell zum Stau. Je reichweitenstärker und einflussreicher der Influencer, desto begehrter ist er (oder sie) bei der Industrie. Auto-Blogger etwa erhalten tagtäglich zum Teil Dutzende Pressemeldungen oder Mails von Unternehmen und Agenturen. Gleichzeitig werden die wichtigsten Auto-Blogger von zahlreichen Automobilherstellern umgarnt, zu Pressekonferenzen, Messen und Fahrveranstaltungen eingeladen, bei denen die neuesten Modelle gefahren und getestet werden können – weit bevor sie beim Händler stehen. Auf diese Weise ermöglichen die OEM den Bloggern die Produktion relevanter Inhalte. Eine klassische Win-Win-Situation.
In Anbetracht der limitierten Ressource „Zeit“ der Blogger auf der einen Seite und der Vielzahl an möglichen redaktionellen Themen auf der anderen Seite ergibt sich ein Konflikt: Es existieren schlicht zu viele Themen für zu wenig Zeit. Der Blogger wägt also genau ab, welche Themen besonders relevant für ihn und seine Leser sind – und fragt sich nicht zuletzt: Welche Themen klicken am besten, um mit ihnen über Bannerwerbung die eigene redaktionelle Arbeit zumindest ein stückweit zu refinanzieren. Im Ergebnis finden die wenigsten Themen von Unternehmen Eingang in das redaktionelle Angebot des Bloggers – und selbst spannende Themen bleiben oft unberücksichtigt.
Für die Presse-Verantwortlichen ist die Zusammenarbeit mit Influencern auf rein redaktioneller Basis also nur sehr bedingt planbar. Eine weitere Möglichkeit, die sich Unternehmen bietet, ist, nicht nur auf „Earned Media“, sondern ergänzend auf „Paid Media“ zu setzen. „Paid Media“ umfasst per definitionem alle Formen bezahlter Werbemaßnahmen, bei denen sich das Unternehmen bei einem Medium zur Nutzung dessen Kommunikationskanals einkauft. Bei Blogs sind das meist „Advertorials“ – sauber als Anzeige gekennzeichnete Blog Posts, die Themen von Unternehmen im redaktionellen Bereich vorstellen und so eine attraktive Bühne bieten und eine zusätzliche, definierbare Reichweite erzielen können.
Ausgerechnet aus dem PR-Bereich kam zuletzt ein bemerkenswerter Vorstoß pro „Paid Media“. Uta Behnke, Chefin bei der PR-Agentur Golin Deutschland, sagte im Fachmagazin „Horizont“, dass viele traditionelle, isoliert entstehende PR- und Werbelösungen in der immer komplexer werdenden Kommunikationswelt nicht mehr funktionieren. Earned Media funktioniere nur noch eingeschränkt, so Behnke. „Die Kampagnen mit der größten Effektivität integrieren vielmehr Paid Media, um Reichweite und Skalierbarkeit sicherzustellen“, betonte die Ex-Edelman-Managerin.